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Jürgen Kaube Ambition als Fluch

von Jürgen Kaube

Es gibt eine betriebswirtschaftliche Erfahrung, die sagt: Wenn Du einem guten Arbeitsteam eine Maschine hinstellst, die nicht funktioniert, wird es versuchen, sie zum Laufen zu bringen. Wenn Du einem guten Arbeitsteam aber eine Maschine hinstellst, die perfekt funktioniert, wird es um jeden Preis versuchen nachzuweisen, dass sie Fehler hat. Daraus ergibt sich eine Frage an die Anhänger von Rationalität: Soll man nun eine perfekte oder doch lieber eine nicht ganz so perfekte Maschine einkaufen?
Gewiß, die Analogie „Mannschaft/Maschine“ hat Grenzen – insbesondere weil hier das Arbeitsteam selber die Maschine ist -, aber wenn ich die Diskussion über die Spielereinkäufe des FC Bayern verfolge, muss ich an diese Theorie denken. Man hat dort eine ganze Reihe von Spielern wie Görlitz, Ottl, Lell, Lahm, Podolski, Pizarro, Makaay, van Buyten, von denen niemand ernsthaft sagen kann, daß sich aus ihnen keine gute Mannschaft bilden läßt. Man müßte nur, im Sinne jener Theorie, begreifen, daß die Tatsache, daß sie bei Bayern München spielen, noch nicht den Schluß auf ihre Perfektion erlaubt. Die Mannschaft funktioniert nicht so, wie man es sich vorstellt – na, und? Dann muß man sie eben dazu bringen, und das kostet Zeit. Vielleicht die einer ganzen Saison. Gerade ein Verein mit Festgeldkonto könnte sich diese Zeit leisten. Man müßte es nur wollen und nicht bei jedem Rückschlag gleich beleidigt sein.
Stattdessen redet Oliver Kahn nach jedem verlorenen Spiel davon, das sei „nicht der FC Bayern“ gewesen. Doch, das war er. Auf der Bank werden inzwischen Gesichter gemacht, die Empörung ausdrücken. Und Uli Hoeneß spricht davon, man müsse eine Mannschaft, die ihre Chance nicht genutzt habe, dann eben austauschen. Wenn es sich nicht um den Manager des FC Bayern handelte, könnte man vermuten, daß Hoeneß dabei an den großen Spieleraustausch beim VfB Stuttgart gedacht hat, der sich gerade so glänzend auszahlt. Aber was Hoeneß sagt und was die Bemühungen um Toni und Klose signalisieren, klingt eher nach dem Modell „perfekte Maschine einkaufen“ anstatt „defekte Maschine reparieren“. Es klingt so, als könne man aus Fehlern nur das eine lernen, nämlich möglichst diejenigen loszuwerden, die sie gemacht haben. Das aber reproduziert den Irrtum, Fehler dürften nicht gemacht werden, nur ein weiteres Mal. Man muß sich dann nicht wundern, wenn Spieler, die sich so beschrieben sehen, ihren Verein als einen begreifen, bei dem sie, anstatt an ihren Fehlern arbeiten zu können, dafür bezahlt werden, keine zu haben.

4 Kommentare

  1. Ylem schrieb am 6. Mai 2007:

    :))) als traditionsbewußter BMG-Fan muß ich sagen: weiter so Bayern. Wenn sie nie wieder Meister würden, wäre es für mich noch einen Tag zu früh. Werden sie aber. Irgendwann. Leider.

  2. Oliver Fritsch schrieb am 6. Mai 2007:

    Lieber Herr Kaube,

    über Ihren Maschinenvergleich werde ich mal nachdenken. Doch ich wundere mich auch über die harten Worte und die radikale Distanzierung Uli Hoeneß‘ von seiner Mannschaft, die er vor ein paar Wochen (nach dem Hinspiel in Mailand) noch gelobt hat. Würde es nicht genügen, die Mannschaft mit wenigen Spielern gezielt zu ergänzen und sich von einigen wenigen zu trennen? Mein Gott, Platz 4 ist doch keine Katastrophe.

  3. vabene schrieb am 7. Mai 2007:

    Dem kann ich nur hinzufügen, dass vor Beginn der Saison von den Verantwortlichen ausgegeben wurde, dass man jungen Spielern dieses jahr geben werde um beim FC Bayern zu reifen und in Verantwortungspositionen zu wachsen. Auch ohne den unbedingten Erfolg. Gut man ist trotzdem unter seinen Zielen geblieben, und z.B. Schweinsteiger hat die Spielmacherrolle nie ausfüllen können. Allerdings stellt sich mir dabei die Frage, hatte er wirklich die Zeit? Meiner Meinung nach wird man kein Spieler auf der „10er Position“ in 4 oder 5 Spielen. Ähnlich Lukas Podolski, der in der kompletten Hinserie nicht wirklich viele Spielminuten auf sein Konto bringen konnte.
    Man darf gespannt sein, ob eine Mannschaft in der nächsten Saison, die zur Hälfte aus neuen, hochkarätigen Spielern besteht,(sofern die gewünschten Spieler überhaupt kommen) mehr Zeit bekommt um sich zu finden.

  4. Rambo P. schrieb am 7. Mai 2007:

    Herr Kaube,

    Die Mannschaft spielt unter ihren Möglichkeiten, da sind wir uns einig. Aber selbt eine perfekt funktionierende Maschine wird mit diesen Teilen, besser gesagt: mit diesen Ersatzteilen, keine Spitzenprodukte herstellen können.

    Bayerns natürliche Stärke, die der besten Bank der Liga, ist abhanden gekommen. Der Kader ist nur noch gehobenes Mittelmaß, man hat ja gesehen, wer am Samstag auf dem Platz stand.

    Dass Problem mit ihrer Idee der fehlerhaften Maschine ist, dass Hoeneß genau das selber drei Jahre lang geglaubt hat. Bayern war, so dachte er, nicht defekt, sondern lief nur nicht rund:

    Santa Cruz kommt noch… Karimi kann was werden… Pizarro ruft bald sein Potenzial ab…

    Man hat sich, was die Stärke bzw Schwäche des Kaders angeht, in die eigene Tasche gelogen. Die CL hat es dieses Jahr nur schlimmer gemacht, in den Spielzeiten zuvor haben es die individuellen Qualitäten von Ballack, Scholl, Ze Roberto übertüncht. Diese Teile wurden nicht adäquat ersetzt.

    Es ist konsequent und überfällig, dass hier jetzt endlich ausgemistet wird.
    Weggeschickt werden ja gar nicht die Jungen wie Lahm, Poldi, Ottl oder Görlitz, sondern das Mittelmaß auf der Bank. Ist auch besser so.

    Alle Zeit der Welt wird aus Lell keinen Spieler mit Bayern-Niveau machen und Makaay baut jedes Jahr ab.

    Und wir können es uns eben nicht wie zum Beispiel der FC Arsenal leisten, mal drei Jahre lang nur 4. zu werden.

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