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Jens Lehmann zieht heute in der SZ ein Resümee nach einer Vorrunde Bundesliga und gibt zu bedenken, dass in Arsenal und England viel offensiver gedacht und trainiert werde. Außerdem vermisse er einstudierte Spielzüge:

„Ich bin schon überrascht, wie viele Bundesliga-Mannschaften kein verlässliches Spiel haben. In England wusste ich: So, jetzt greifen wir an, jetzt habe ich mal ein paar Momente Ruhe. Das Schema war klarer: Wenn der Fabregas an dieser oder jener Stelle den Ball bekommt, dann spielt er ihn da oder dort hin. Die Spielzüge waren automatisiert. In der Bundesliga dagegen passieren manchmal Dinge, mit denen man nicht rechnet. Ich stehe hinten drin und denke: So, jetzt spielt er einen Pass da rüber – aber der spielt den Pass dann gar nicht da rüber. Auf einmal verliert der Spieler den Ball, und zack, geht das Spiel in die andere Richtung. Das Passspiel in Deutschland ist weniger verlässlich, das Spiel generell weniger automatisiert.“

Jetzt, wo ich 90 Minuten VfB gegen Bayern (2:2) am Fernsehen hinter mir habe, kann ich Lehmann noch besser verstehen. Die Stuttgarter waren aggressiver, stärker in den Zweikämpfen, motivierter, fanden aber keinen Weg, die Bayern-Abwehr auszuspielen. Auf lange Bälle war die Viererkette um Demichelis sehr gut eingestellt, und das Stuttgarter Kombinationsspiel sah sehr zufällig aus. Was auch daran gelegen haben mag, dass die eingewechselten Gomez und Bastürk lange verletzt waren und Trainer Babbel ohnehin erst ein paar Wochen am Ruder sitzt. Dennoch, nach Konzept sah das nicht aus. Kein Wunder, dass die zwei Stuttgarter Tore nach Ecken fielen. Gegen diese arg defensiven Bayern hätte man gewinnen können. Andererseits hätten coolere Bayern das 3:1 gemacht.

Aus meinem Live-Twitter: Khedira Mann des Spiels. Borowski mit Tor und Assist, dennoch ausgewechselt. Bayern-Abwehr stark. Hitzlsperger mannhaft. Rensing, das Fäustchen, wollte beim 2:2 einen Freistoß, vielleicht gar nicht so abwegig. Schiri Kinhöfer insgesamt kleinlich, also „deutsch“. Rot für Oddo kann man geben, 1:1 war knapp Abseits (Klose). Hartes, bissiges, spannendes Spiel. Wie war das, Hoeneß, mit der Schauspielertruppe aus Hoffenheim? Klinsmann wirkt nach dem Spiel mitgenommen, will beim Platzverweis für Oddo was raushaben. Schade, dass man ihn nicht mit dem Abseitstor konfrontiert.

Lehmann übrigens deutet in dem Interview tatsächlich auch an, nochmals den Verein zu wechseln (was vielleicht ja bloß Koketterie ist):

„Ich weiß, dass ich 39 bin, aber ich spüre diese Zahl nicht. Ich stehe morgens auf und fühle mich topfit. Falls ich weiterspiele, will ich nochmal auf höchstem Niveau spielen. Ich mache das ein bisschen von der sportlichen Entwicklung in Stuttgart abhängig. Mir gefällt es in Stuttgart sehr gut, die Atmosphäre ist angenehm, die Leute sind sehr nett zu mir. Aber man kann nie wissen, was kommt.“

Was die Stuttgarter an den Bayern so mögen? Lies die Liste (Felix Magath, Piotr Trochowski, Mario Gomez) der Stuttgarter Zeitung: „Das Verhältnis ist angespannt und von gegenseitigen Nadelstichen geprägt.“

18 Kommentare

  1. EventFan schrieb am 14. Dezember 2008:

    „Schiri Kinhöfer insgesamt kleinlich, also „deutsch“.“

    Ich finde das Zitat spiegelt eines der Hauptprobleme des deutschen Fußballs wider. Es wird einfach viel zu kleinlich gepfiffen. Dabei sind aber nicht nur die Schiris schuld, sondern auch die spieler, Trainer, der DFB, die Fans und die Medien. Trotzdem gehört das Thema angesprochen.

    Das beste Beispiel aus der letzten Saison Uefa-Cup Leverkusen gegen den HSV. Für die Spieler war es wie ein Bundesliga Duell, aber eben ohne deutschen Schiri. Nach fast jedem Zweikampf sank ein Spieler dahin und konnte nicht glauben, dass nicht abgepfiffen wurde, weil man es eben von einem Bundesliga Duell anders gewohnt ist.

    Kein Tempo, kein Spielfuss und deswegen technisch auch zu schwach. Jedes Spiel in der PL macht mehr spaß, weil einfach viel mehr gespielt wird. In der Bundesliga ist es wirklich oft so, dass sich Spiele von Standardsituation zu Standardsituation schleppen….

    Natürlich bisschen übertrieben von mir, aber ich finde schon, dass es in Deutschland viel viel zu kleinlich zugeht…..

  2. BArometer21 schrieb am 14. Dezember 2008:

    Aber ein guter Gedanke: warum nicht mal ausländische Schiedrichter Bundesligaspiele pfeifen lassen? Alle – Spieler, Fans, Trainer usw. – bekämen einen besseren Ãœberblick, wie anderswo gepfiffen wird. Geht sicherlich nicht, würde mir dennoch gut gefallen.

    @ EventFan: Hast selbst angemerkt, dass es etwas übertrieben war. Denn definitiv NICHT jedes Spiel in der PL ist toll. Schau Dir mal Sunderland gegen West Bromwich an, inklusive 45 Pfund Eintrittspreis. Denn auch das ist die PL: sauteuer.

  3. heinz schrieb am 14. Dezember 2008:

    die rote fuer oddo als kleinlich oder „kann man geben“ zu bezeichnen ist lustig. der rest stimmt aber 🙂

  4. Nils schrieb am 14. Dezember 2008:

    Schon lange wundere ich mich warum es im Profifußball nicht möglich ist mit einstudierten Spielzügen zu arbeiten. Im American Football wird schoon ewig so gespielt. Gerade bei Standards sollte sowas möglich sein.

  5. Manfred schrieb am 14. Dezember 2008:

    Na, was, die Bayern machen das doch schon seit ewigen Zeiten: zwar nicht auf, sondern neben dem Spielfeld, dafür aber vor und nach dem Spiel. Ich durfte grade lesen, dass 2 Spiele in der Woche Wettbewerbsverzerrung sei (Quelle: http://www.weltfussball.de/news/bundesliga/bayern-beklagt-benachteiligung-dennoch-zufrieden/). Mittwochs-Samstags, soso, früher nannte man das englische Woche. Ist Wurstuli jetzt der neue Beaker mit seinem dauernden Mimimimi? Ich habe derartige Beschwerden jedenfalls weder aus Madrid oder Manchester gehört (oder welcher Verein sonst noch am Mittwoch CL und gestern in welcher Liga auch immer antrat). Da gibt’s nur eins: sofort in der nächsten Runde aus der CL ausscheiden, ihr Bayern.
    Ja, ist sehrwahrscheinlich völlig off topic, ist klar, aber dieses dauernde demagogische Geplärre nervt.
    Just my 20 cents ;-).

  6. tafelrunde schrieb am 14. Dezember 2008:

    Gerade habe ich das Interview mit Jens Lehmann gelesen. Sehr abgeklärt, sehr wahr! Wer heute das Spiel Hoffenheim vs. Schalke gesehen hat, der konnte auch noch einen viel vernichtenderen Blick auf die Qualität der Bundesliga gewinnen. Wenn ein Hoffenheim, das zweifelsohne viel von Arsenal gelernt hat, aber eben auch noch zu lernen hat, Herbstmeister der Bundesliga ist, dann kann etwas insgesamt nicht optimal laufen. Im internationalem Vergleich.
    In Punkto taktischem Spielverständnis, intelligentem Zweikampfverhalten, ja eben, Automatismen, ist die Bundesliga eben den englischen, spanischen, italienischen Ligen hinterher. Liegt das nur am Geld? Hoffenheim und v.a. Arsenal zeigen, dass eben nicht!
    In einer wirklichen Europaliga mit 20 Clubs könnten vielleicht noch die Bayern aufgrund ihrer individuellen Klasse mithalten. Für den Rest sähe es düster aus.

  7. Oliver Fritsch schrieb am 15. Dezember 2008:

    @heinz: Mit kleinlich meine ich Kinhöfers generelle Linie, im Zweifel Foul zu pfeifen – und gar nicht die Rote Karte für Oddo.

    Übrigens, das muss man der Fairness halber auf jeden Fall ergänzen, hat Kinhöfer in der zweiten Halbzeit mehr laufen lassen.

  8. Thomas schrieb am 15. Dezember 2008:

    @Manfred: Entspann Dich bitte. 😉 UH hat im ARD Interview erstens nicht wirklich von Wettbewerbsverzerrung gesprochen und zweitens auch nicht nicht mit hochroten Kopf getobt wie weltfussball.de/dpa suggerieren.

    Fakt ist doch, dass Hoffenheim mit Freitag-Sonntag die maximale Zeit zwischen zwei schwierigen Bundesligaspielen hatte während Bayern zwischendurch zum CL Spiel in Lyon antreten durfte.

    Wettbewerbsverzerrend ist das nicht, aber eine gelungene Ansetzung auch nicht.

    Ansonsten. Schön, dass Lehmann eine Taktik/Strategie Diskussion anstößt. Es enttäuscht mich immer wieder, dass (auch und vor allem bei Spitzenvereinen) so viel von Glück, Zufall, individueller Klasse und so wenig von einem Plan, einer Taktik, quasi „geübtem“ abhängt. (Beim Gedanken an die Standards von Bayern München werde ich aggressiv.) 😉

    jm2c

  9. heinzkamke schrieb am 15. Dezember 2008:

    Da ich den entsprechenden Freistoß-Tweet zu spät gelesen hatte, um dort noch zu antworten, er hier aber zitiert wird: vielen Dank für die großartige Kurzzusammenfassung „Khedira Mann des Spiels. Borowski mit Tor und Assist. Bayern-Abwehr stark. Hitzlsperger mannhaft. Rensing, das Fäustchen. Schiri kleinlich.“ So geht also One-Tweet-Football.

  10. Oliver Fritsch schrieb am 15. Dezember 2008:

    One-Tweet-Football! Köstlich! Habe sehr gelacht. Schmunzle noch immer.

    Darf ich das als Rubrikbezeichnung o.ä. verwenden verwenden, Heinz Kamke?

  11. Stefan (Weltsicht Südtribüne) schrieb am 15. Dezember 2008:

    Die Lehmann-Kritik ist wohl wahr, aber auch nicht wirklich neu. Was mich mehr wundert ist, dass das niemand (außer Rangnick) umsetzt. Stattdessen heißt es, dass es der Bundesliga im Vergleich an finanziellen Mitteln fehle. Obwohl es ihr schlicht an Spielkultur mangelt.

    Was die Schiedsrichter angeht: auch da d’accord. Wie soll ein Spiel entstehen, wenn dauernd abgepfiffen wird? Wobie ich da auch mal einen loben muss: Manuel Gräfe. Zumindest in Köln (gegen den HSV) hat er im Zweifelsfall weiterspielen lassen und sich gegen den Pfiff und für das Spiel entschieden.

  12. Oliver Fritsch schrieb am 15. Dezember 2008:

    Welche Schiedsrichter außer Gräfe pfeifen denn noch in dem Stil? (Wer jetzt Fandel antwortet, kriegt es mit mir zu tun?)

  13. heinzkamke schrieb am 15. Dezember 2008:

    @Oliver Fritsch (#10)
    Freut mich sehr – ich gebe zu, dass auch ich mit dieser Formulierung recht zufrieden war…

    Natürlich bin ich bei den Nutzungsrechten freigiebig – solange ich den Begriff selbst auch noch verwenden darf, werde ich nicht glasern 😉

  14. Stefan (Weltsicht Südtribüne) schrieb am 15. Dezember 2008:

    Gute Frage, Oliver! Ich wüsste auf Anhieb keinen und wenn ich an die letzten Schiedsrichter zurückdenke, die ich gesehen habe, fällt mir eher das Gegenteil ein.

  15. Winfried Kropp schrieb am 15. Dezember 2008:

    Lehmann hat seine Zeit beim FC Arsenal auch zur Fortbildung genutzt, sagt er der SZ: „Ich habe schon in meinem ersten Arsenal-Jahr angefangen, Aufzeichnungen zu machen und das bis zum Schluss fortgeführt. Ich habe mir den Trainingsaufbau notiert, die konkreten Ãœbungen, ich habe das alles zu Hause in Ordnern abgeheftet.“ Wer Arsene Wenger so systematisch ausspioniert hat, braucht keine Fußballlehrer-Lizenz, meint Lehmann wohl, denn er könne bereits morgen eine Mannschaft übernehmen. Auf den Trainer Jens Lehmann bin ich wirklich gespannt.

  16. Hattrick2008 schrieb am 16. Dezember 2008:

    Ich habe das Interview auch gelesen. Und ein paar Dinge vermisst. Ich finde, Jens Lehmann ist in seiner Außendarstellung sehr selbstgerecht. Und die werten Journalisten fragen nicht recht nach. Ein paar Beispiele: Anstatt sein äußerst unglückliches Zusammenspiel mit Philipp Lahm vor dem 1:0 im Finale zu reflektieren, gab Lehmann hinterher lieber den Schiris die schuld. Peinlich. Hätte mich sehr interessiert, was Lehmann mit ein wenig Abstand dazu sagt. Außerdem: Wenger, von dem Lehmann im Interview so schwärmt, schließlich ist es ja auch seine Kunst, die Arsenal so stark werden lässt, wie Lehmann die Mannschaft sieht, ebendieser Wenger hat Lehmann zur Nr. 2 gemacht. Lehmann hat damals immer wieder behauptet, sein Konkurrent sei nicht besser. Warum fragt da nicht mal einer nach, ob er das im Nachhinein vielleicht besser verstehe? Zumal Lehmann ja auch nicht gerade eine überragende EM gespielt hat. Aber das ist wahrscheinlich nur die Schuld der fehlenden Spielpraxis. Sprich, wenn man es recht überlegt, hat Wenger uns um den Titel gebracht (Ironie!). Nein, nein, Lehmann ist sehr selbstgerecht unterwegs. Seine Bewegung, ich sage mit Absicht nicht Schlag, ins Gesicht des Gegners kurz vor Schluss des Spiels hat meiner Meinung nach einmal mehr gezeigt, wie sehr Lehmann der Respekt vor seinen Mitspielern abgeht. Ach und da ist ja auch noch meine absolute Lieblingsgeschichte über den Zweikampf Lehmann-Almunia bei Arsenal: „Ein Franzose, der damals bei Arsenal spielte, erzählt: Nach einem erneuten Patzer habe Almunia mit Tränen in der Umkleidekabine gesessen. Lehmann habe den Kopf geschüttelt und gelächelt.“ (Berliner Zeitung) Fachlich mag Lehmann in der Lage sein, eine Mannschaft zu führen. Aber menschlich?

  17. Gabi schrieb am 17. Dezember 2008:

    Lehmann hat Recht, bin völlig einverstanden mit seiner Meinung! Aber das , was mir nicht gefällt sind diese Wörter „… Lehmann habe den Kopf geschüttelt und gelächelt.“ Wie kann das möglich sein? Ich würde sehr enttäuscht von Jens sein..

  18. rainbow spiky schrieb am 31. Dezember 2008:

    Yeah, long live the Bayern !

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