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Der 27. Spieltag kennt zunächst nur ein Thema: Kriegen Jürgen Klinsmann und Bayern München noch die Kurve? Es ist erstaunlich, dass Klinsmann nach dem Opfergang nach Barcelona noch auf der Bayern-Bank sitzt. So wehrlos hat man die Bayern noch nie gesehen. Doch vielleicht kann Klinsmann auf die Laurenz-Meyer-Lehre vertrauen, die er bei seinem Amtsantritt als CDU-Generalsekretär verkündete: “Einen zweiten Fehlgriff kann sich Frau Merkel nicht erlauben.” Die Experten waren sich bis heute nicht sicher, ob sie Meyers Selbstgarantie besonders dumm oder besonders dreist finden sollten. Jedenfalls könnte ein frühzeitiges Scheitern Klinsmanns auch die Tektonik der Bayern-Führung durcheinanderbringen. Hängt das Schicksal Karl-Heinz Rummenigges, der schon den Mathematiklehrer Ottmar Hitzfeld vergrault hat, an Klinsmann? Uli Hoeneß hat einen nahezu unerschöpflichen Kredit im Verein, und Franz Beckenbauer ist ohnehin von keinem Amt abhängig, um dieses Land zu regieren.

Spannend wird vor allem sein, wie die Bayern-Fans Klinsmann empfangen; in der Abendzeitung gibts einen Vorgeschmack. So spannend ist das auch wieder nicht, denn er war bei ihnen nie wohlgelitten. Fans vergessen nicht, wie er sich 97 als Spieler verabschiedet hatte: “Nie mehr Bayern!”. Fans vergessen auch nicht, dass er Oliver Kahn 2006 auf die Bank setzte. Bislang konnte Klinsmann wenigstens auf die makellose Bilanz in der Champions League verweisen. Bislang, wie gesagt. Andererseits ist die Münchner Arena durch rigide Fan-Politik ruhiggestellt. Blöcke wurden getrennt, zu vorlaute Fan-Klubs mit Stadionverbot bedacht. Die Bibliothek der Liga.

Ach ja, einen Gegner haben die Bayern auch noch: Eintracht Frankfurt, die Biedermänner, sagen die Lästerer. Solides Fußwerk würdigen die Sachlichen. Die Eintracht folgt einem Schema: gegen die Kleineren gewinnen, gegen die Großen klein beigeben. So wird man am Ende 13. Was nicht schlecht ist, vielen Frankfurtern aber auf Dauer zu bescheiden. In den 90ern wurde in Frankfurt der schönste Fußball in Deutschland gespielt. Damals standen Namen wie Uwe Bein und Andy Möller für Eintracht. Heute sind es Friedhelm Funkel und Heribert Bruchhagen.

Sollte sich der Reformer des deutschen Fußballs also ausgerechnet nach einem Spiel gegen das Mittelmaß der Bundesliga verabschieden müssen? Denn wenn Klinsmann heute nicht gewinnt, ists wohl aus.

Der VfL Wolfsburg verteidigt seine frische Tabellenführung in Mönchengladbach. Tradition gegen Retorte, werden Nostalgiker zetern. Doch den Wolfsburgern wird man damit nicht mehr gerecht. Zu stürmisch treten sie auf, wer Bayern 5:1 schlägt, der sammelt automatisch Sympathien. Außerdem hat Wolfsburg einen Traditionalisten auf der Bank sitzen: Felix Magath. Magath könnte zum Ãœber-Sieger der Saison werden. Galt er vor zwei Jahren als Auslaufmodell, könnte er als Erster mit Wolfsburg Meister werden – und das mit Fanfarenfußball. Dagegen scheint sein (kulturelles) Pendant Klinsmann mit seinem Latein am Ende. Als Magath vorige Woche den Torhüter wechselte, weil man sich gegen Bayern ja erlauben kann, wollte er das hinterher als Dankessignal an Ersatzmann Lentz verkaufen. Von wegen, das war die Rache des Stoikers! Denn Magath hat sich noch nie abwertend über Bayern geäußert, obwohl ihn die Entlassung nach zwei Double-Gewinnen gewurmt haben muss.

Mönchengladbach hat in der Rückrunde seine Abwehr stabilisiert und ist längst wieder ein aussichtsreicher Kandidat für den Klassenerhalt. Ob Trainer Hans Meyer gegen die Wolfsburger Torjäger Edin Dzeko und Grafite wieder mit Libero spielen lässt?

Zwei Teams könnten heute bereits den Anschluss an den rettenden Platz 15 verlieren: Der “impotente” Karlsruher SC, der seit Wochen, Monaten, eigentlich während der ganzen Saison, große Not beim Einlochen hat, muss in Schalke ran. Es dürfte schwer werden, dort den letzten Rang zu verlassen, denn erstens war Schalke auch zu krisenhaften Zeiten abwehrstark. Zweitens hat sich die Lage nach dem Auswärtssieg in Bielefeld fürs Erste beruhigt. Da sich kein anderer zu finden scheint, der sich Schalke antun will, bleibts bis auf weiteres beim Trainertrio Büskens/Mulder/Reck. Dass Kevin Kuranyi ab Juli sein Bärtchen in Bremen ziselieren wird, dürfte eine Ente sein, die, wie man hört, darauf zurückgeht, dass sich seine zwei Berater gegeneinander ausspielen wollten.

Zu einem reinen Abstiegsduell treffen sich Energie Cottbus und Arminia Bielefeld. Für Cottbus wird es wieder mal Zeit für einen Sieg. Bei einer Niederlage dürfte es zum direkten Klassenerhalt nicht mehr reichen, allenfalls noch zum Relegationsrang 16. Andererseits ist Cottbus daran gewohnt, abgeschrieben zu werden. Gleiches gilt für die Bielefelder. Die es diesmal vielleicht deswegen erwischen könnte, weil sie weniger Experten als sonst auf ihrem Zettel haben.

Zwischen Borussia Dortmund und dem 1. FC Köln ist mit einem knappen Ergebnis zu rechnen. Dortmund spielt meist Unentschieden (und hat die wenigsten Niederlagen der Liga: 4), Köln ist auswärtsstark. Mit seinem Sieg würde sich die Borussia an die Uefa-Pokal-Plätze ranschleichen. Aufsteiger Köln, eine der Überraschungen der Saison, braucht nur noch wenige Punkte, um aller Sorgen ledig zu sein.

Kann die “TSG 1789 Hoffenheim” (allesaussersport) noch gewinnen? Der letzte Sieg datiert aus dem Januar. Das so vorbildliche Kombinationsspiel ist zurzeit ein Fragment, denn es fehlen viele wichtige Spieler. Aber die Mannschaft wirkt auch unmotiviert. Was einen nicht überrascht, wenn von 1 auf 6 gestürzt ist. Heute geht es gegen den VfL Bochum, eine der besten Rückrundenmannschaften. Vorige Woche verlor sie jedoch das Heimspiel gegen Stuttgart.

Mit der Hertha aus Berlin, bis vor einer Woche Tabellenführer, scheinen die wenigsten im Titelrennen zu rechnen. The trend is not her friend. Denn zwei Niederlagen (Stuttgart, Dortmund) lasten auf ihr. Doch trennt sie nur 2 Punkte von ganz Oben. Das ist keine schlechte Ausgangsposition, zumal Windschatten einem Außenseiter besser liegen dürfte. In Hannover hat sie es heute mit einem Abstiegskandidaten zu tun, der sehr wechselhafte Leistungen zeigt. Und der die meisten Gegentore der Liga zu zählen hat (56), obwohl ein Nationalspieler das Tor bewacht.

Ab 15.15 Uhr blogge ich die Premiere-Konfernez live auf Zeit Online. Morgen gehts übrigens weiter mit Leverkusen-Bremen und Stuttgart-Hamburg.

5 Kommentare

  1. NewscodeBlog schrieb am 11. April 2009:

    Na da hatte Jürgen Klinsmann noch einmal Glück. Aber mit Eintracht Frankfurt war auch keine „Ãœbermannschaft“ in München zu Gast. Ein Sieg war ja fast schon Pflicht.
    Bleibt abzuwarten wie die nächsten Spiele des FC Bayern laufen. Jetzt hat Jürgen Klinsmann wieder einen kleinen Kredit bei den Bayern bekommen.

  2. Leykamm schrieb am 11. April 2009:

    Klinsi hat ein erhebliches Problem mit der Torwartfrage. Ich unterstelle ihm hier wiederholt mangelnde Fachkenntniss und jegliches Fingerspitzen- gefühl. Wie schon bei Kahn, weiß er jetzt auch nicht, dass Rensing der bessere Mann ist. Im wichtigsten Spiel nimmt er seinen Stammtorwart gegen Barcelona raus und zeigt ihm hiermit, dass er ihm nicht vertraut. Wie dämlich kann man denn sein, um einen Spieler, der bestimmt nicht schuld ist an der Krise so zu demoralisieren und den Butt ins Tor zu stellen, der längst schon bewiesen hat, dass er diese Klasse nicht hat. Rensing ist zweifellos gut und wird sich weiter entwickeln. Und was soll jetzt dieser Scheiß.
    Klinsi hat eine Top-Mannschaft übernommen, mit dem Versprechen alle Spieler weiter zu entwickeln. Er muss sich an seinen Worten messen lassen und durch Erfolg, wie vor ihm,andere Trainer, wie Hitzfeld und Magath, die Erfolg hatten, aber nicht so einen Freibrief hatten. Klinsmann hat keine Loyalität. Raus mit ihm.

  3. Oliver Fritsch schrieb am 12. April 2009:

    Warum er Butt ins Tor stellt, scheint mir offensichtlich: Es ist das Signal an die Klubführung „Ich mach mein Ding“. Mit Rensing war Klinsmann wohl nie glücklich (wer will es ihm verdenken?). Es heißt, dass Klinsmann in der Vorrunde bereits tauschen und den Nachwuchstormann zur Nummer 1 machen wollte – und dass ihm das von Hoeneß & Co ausgeredet worden sei. Hoeneß stand ja bei Rensing seit Jahren im Wort, Stichwort Kahn-Nachfolger. Kann sein, dass die Sache mit Butt nun Aktionismus ist.

    Aber wenn er weiter Bayern-Trainer sein darf, wird es weitere ungewöhnliche Entscheidungen geben. Ich glaube, das gestern in einem Interview nach dem Sieg rausgehört zu haben. Jedenfalls wird er sich nicht mehr von Rummenigge Podolski in die Mannschaft diktieren lassen.

  4. Querdenker schrieb am 12. April 2009:

    Bei Amtsantritt hat Klinsmann in puncto Teamführung so ziemlich alles zum schlechteren gebracht:

    1. Die Hierarchie
    Sie wurde mit grossen Tönen abgeschafft – und das gesamte Mannschaftsgefüge und Motivation schwer unter Beschuss genommen.

    2. Der Kapitän
    Einen Kapitän bei einem CL-Spiel auf die Bank zu setzen, zerstört seine Authorität – und andere hätten dies nicht mit sich machen lassen. Respekt und Einfluss sind damit vor dem Kapitän auf einen Tiefpunkt.

    3. Die Stimmung
    Die zerstört man, indem man bei jeder Gelegenheit die Unfähigkeiten von der Fitness über Taktik bis zum Passspiel bei jeder Gelegenheit öffentlich zum besten gibt – kein Spieler hört gerne eine ständige kritik an seinen Grundlagen.

    4. Der Sturm
    Da sind mal Toni und Klose nicht einsatzfähig – und anstatt Podolski zu bringen, holt man sich einen Amerikaner (das Land mit der grossen Fussballtradition) und lässt ihn statt Podolski spielen. Ein regelrechter Motivationsschub für den Jungen, zumal Donovan eh nicht zu kaufen war…

    5. Der Torhüter
    Ausgerechnet vor einem der wichtigsten CL-Spiele macht er eine Kehrtwendung in puncto Torhüter. Rensing hat kaum Fehler gemacht (er hat allerings auch kein Spiel herausgerissen) – ihn abzusetzen ist schon schwer erklärbar. Der Zeitpunkt ist absolut indiskutabel und zeugt von nur rudimentär vorhandenem Fingerspitzengefühl.

    Und dann wundert sich noch jemand, dass weder der Kapitän noch andere beim Spiele gegen Barca die Mannschaft mitreissen kann?

    Schuld ist jedenfalls in meinen Augen der Trainer Рund selbt er hat seine gute Laune verloren . Seine K̦rpersprache am Samstag war mehr als eindeutig in Richtung Abschied.

  5. nona schrieb am 12. April 2009:

    Die Frage, wie die Bayern-Fans Klinsmann empfangen werden, wurde wie ich finde erwartungsgemäss gelöst: „Klinsmann raus!“-Rufe schallten vorm Spiel durch’s Stadion, und auch danach. Ein überlegenes 4:0 gegen einen kleinkalibrigen Sparringspartner macht halt nicht wirklich irgendwas wett.

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