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Die Niederlage der Bayern hat einen Namen: die linke Seite der Bayern. Aber nicht Lell ist dafür verantwortlich, sondern eine Kombination aus taktischer Katastrophenleistung von Klinsmann und eine an Arbeitsverweigerung erinnernde Defensivarbeit von Ribery: Die linke Seite der Bayern galt die ganze Saison über als Prachtstück. Ribery- Ze Roberto-Lahm. Sie funktionierte aber nur, weil Lahm und Ze Roberto immer wieder die Löcher stopften, die Ribery nach hinten reißt: denn Ribery ist der Typ Fußballer, der – begnadet in der Technik, aber egoistisch hoch zehn – immer auf der Suche nach dem spektakulären Dribbling für die eigene Darstellung ist, statt fürs Team zu spielen. Wenn Ribery hängenbleibt (was in Camp Nou geschätzte 15 Mal passierte), läuft er einfach aus. Das geht in der Bundesliga gegen viele Teams gut, aber nicht gegen eine Mannschaft, die einen Messi hat. Und den konsequent auf die rechte Außenlinie hinter die bayrische Mittelfeldreihe stellt.

Niemand, aber auch niemand fühlte sich für den besten Spieler der Welt zuständig. Und damit nahm das Unheil seinen Lauf: Ballverlust der Bayern, Barca zieht sein Spiel auf, macht sich in Viererkette und Mittelfeld breit, Henry links auf der Außenlinie, Messi rechts. Das Spiel verlagert sich auf Barcas linke Seite, Lell muss einrücken, und dann geht es plötzlich auf rechts – zu Messi. Und niemand weit und breit in seiner Nähe, von Ribery keine Spur, Ze Roberto auch eingerückt. Und nun konnte Messi geschätzte 20 Mal in der 1-zu-1-Situation auf den bemitleidenswerten Lell zugehen. Kein Abwehrspieler sieht da gut aus gegen den besten Tempodribbler der Welt. Drei Tore liefen über Messi, dies aber Lell in die Schuhe zu schieben, ist nicht in Ordnung.

Dass niemand sich berufen fühlte, in Messis Nähe zu bleiben, wenn der Ball noch weit weg von ihm war, das ist das taktische Versagen von Klinsmann. Denn Messi lauert fast immer hier. Er kommt über rechts und zieht nach innen. Die Bayern verfügen über Chefanalytiker Henke und einen Riesentrainerstab, hatten aber anscheinend  nicht auf dem Zettel, dass Messi immer gedoppelt werden muss. Sie waren darauf schlicht nicht eingestellt. Hätte sich Ribery einfach fallenlassen und neben Messi gestellt, wäre das Problem behoben gewesen.

Aber Ribery tickt eben nicht wie Messi und hält Defensivarbeit anscheinend für unter seiner Würde – womit er sich allerdings den Zugang zu den Besten im Weltfußball selbst verbaut. Topspieler wie Henry, Eto´o oder Messi behalten bei Ballverlust ihr Tempo bei und gehen ohne Pause sofort ins Pressing über und erobern Bälle zurück. Ansonsten würde Barcas System mit sechs Spielern in des Gegners Hälfte nicht funktionieren.

Tempodribbler Ribery, der so wirkte, als ob er längst mit Bayern abgeschlossen hat, hat nicht nur das Duell gegen Messi verloren, sondern war auch mitverantwortlich für die Niederlage. „FC Ribery“ titelte die FR vor kurzem in ihrem Kommentar, in Anspielung darauf, dass Bayern eigentlich nur dank Ribery da stehen wo sie stehen. Das Spiel in Barcelona hat dies im negativen Sinn bestätigt.

Klaus Döring, Drehbuchautor für Kinder, DTB-B-Trainer, Fußball-Individualtrainer, „6er“ der deutschen Autorennationalmannschaft

5 Kommentare

  1. juwie schrieb am 14. April 2009:

    Lesenswert!

  2. Red schrieb am 14. April 2009:

    Sehr guter Artikel!

    Ich finde auch, dass man Ribery nicht als unantastbar ansehen sollte. Er spielt meiner Meinung nach zu egoistisch und arrogant. Statt mal den einfachen Ball zu spielen oder auch mal die „Drecksarbeit“, sprich Defensivarbeit zu erledigen, betreibt er immerzu nur Selbstdarstellung und versucht viel zu oft auf Teufel komm raus spektakuläre Aktionen.

    Aber vor allem gegen stärke Gegner wie Barcelona kann es nicht funktionieren, auf gut Glück mit dem Kopf durch die Wand zu laufen, da muss sich Ribery schon taktisch klüger anstellen.

    Ein intelligenteres Vorgehen könnte nämlich zum Beispiel so aussehen, mal mitzuhelfen, die eigene Defensive erst zu stabilisieren…

  3. Dirk schrieb am 15. April 2009:

    Lesenswert, eine treffende Analyse!

  4. Nur die SGE! schrieb am 17. April 2009:

    Im Rückspiel, als Lahm gegen Messi stand, klappte das Doppeln deutlich besser – Ottl oder auch mal Demichelis war immer zu stelle. Natürlich auch, weil das Tempo und die Intensität des Spiels wegen Barcelonas 4:0-Führung niedrig war.

    Wäre übrigens schön, solche Analysen nicht nur in solch einem Internetforum zu lesen, sondern öfters auch mal in der Tagespresse. Gerade die Frankfurter Rundschau glänzt da bei der Eintracht-Berichterstattung durch Banalisierung und Pauschalisierung, statt mal Funkels taktische (Nicht-)Arbeit zu analysieren. Offenbar im falschen Glaube, eine Frankfurter Zeitung dürfe die Eintracht nicht kritisieren, nicht mal sachlich.

  5. Doerk schrieb am 19. April 2009:

    Zutreffende Analyse! Für mich ist die Frage, ob Klinsmann hier nicht hätte eingreifen müssen. Egal!

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