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René Martens Von Jubelbildern und Vorahnungen

von René Martens

Der älteste Fußballverein Österreichs spielt heute in der 3. Liga: Seit 2000 versucht der First Vienna Football Club, in den Profifußball zurückzukehren, und einen dieser Versuche dokumentiert der Film „Es geht sich immer nicht aus“ von Fred Lachinger, Jonas Müller und Thomas Tesar, den ich in der gerade erschienen März-Ausgabe von Rund besprochen habe (www.rund-magazin.de). An dieser Stelle sei näher eingegangen auf einige Passagen, die mir vor allem deshalb aufgefallen sind, weil ich solche Elemente in der alltäglichen TV-Fußballberichterstattung vermisse: Bilder jubelnder Vienna-Anhänger, die direkt aus dem Fanblock stammen, sowie ebenfalls dort entstandene Tonaufnahmen, auf denen dieses kollektive Raunen zu hören ist, das einsetzt, wenn sich ein Gegentor anbahnt; diese Vorahnung des Unheils, gemischt mit dem Wunsch, das Unvermeidliche möge vielleicht doch nicht geschehen. Solche atmosphärischen Eindrücke, meinetwegen auch: Emotionen, um mal dieses Modewort zu verwenden – sie sind ein wesentlicher Teil des Stadionerlebnisses Fußball, aber das Fernsehen ist in der Regel nicht in der Lage, all dies mit seinem so genannten Produkt zu vermitteln. TV-Manager würden auf derartige Kritik entgegnen, das Geld reiche für Kameras in den Fanblöcken nicht aus, andere Kamerapositionen seien schließlich wichtiger. Oder: Die journalistische Distanz würde es verbieten, die Perspektive einer Fangruppe einzunehmen. Irgendetwas mit Sicherheit bekäme man wohl auch zu hören. „Es geht sich immer nicht aus“ ist als DVD übrigens erhältich über www.gauchecaviar.at, Kinotermine sind, zumal in Deutschland, selten.

4 Kommentare

  1. piero101 schrieb am 25. Februar 2007:

    Die Sehnsucht nach mehr »athmosphärischen Eindrücken« kann ich keinesfalls teilen.
    Fussball im Fernsehen und Fussball im Stadion sind zwei unterschiedliche Dinge, man sollte nicht versuchen, den Fussball wie man ihn im Stadion erleben kann, im Fernsehen zu simulieren. Beide Versionen des Spiels stehen für sich, beide haben ihre Vor- und Nachteile. Im Idealfall sollte eine Fernsehübertragung nüchtern und distanziert bleiben, um eine andere, eine zweite Betrachtung des Spiels zu ermöglichen. Jegliche Versuche, die Übertragung »emotionaler« zu machen (das fängt schon bei schreienden Kommentatoren an), machen das Spiel lächerlich.
    Kameras in den Fanblöcken ist eine Horrorvorstellung!
    Fans würden so zu folkloristischen Statisten eines Events degradiert, die – ohne jemals gefragt worden zu sein – dabei mithelfen, aus dem Fussball ein Produkt zu machen, welches von den TV-Sendern verkauft werden kann.

    Kritik an der vermeintlichen Unfähigkeit des Mediums Fernsehen, die Emotionalität eines Fussballspiels einzufangen, ist meiner Meinung nach grundlegend falsch und bereitet den Weg zu noch mehr »Eventisierung« des Spiels. Sie deutet von einer Denkweise, die im Fussball nur eine bunte und laute Unterhaltung sieht.

    Dabei ist das alles eine todernste Angelegenheit.

  2. sfb schrieb am 26. Februar 2007:

    ich schliesse mich dem vorkommentar an. zusätzlich ist noch zu erwähnen, dass der besprochene film keinesfalls mit herkömmlichem tv zu vergleichen ist.

    all den ansprüchen die von aussen und auch vom fernsehen an sich gestellt werden, kann und vor allem will der film nicht genügen. das macht ihn sympathisch und sehenswert.

  3. rmartens schrieb am 26. Februar 2007:

    Eine weitere „Eventisierung“ der Spiels ist nun gar nicht in meinem Sinne, aber es ist eine interessante Erfahrung, mal in einen derartigen Verdacht zu geraten. Ich will auch nicht bei jedem Spiel Kameras in den Fanblöcken haben, und es gibt auch Fanblöcke, die ich überhaupt niemals von innen sehen möchte (aber das ist ein anderes Thema). Hin und wieder könnte das Fernsehen aber durchaus solche Impressionen bringen, denn die Fanbilder, die wir sonst zu sehen bekommen, wirken doch arg standardisiert. Irgendeiner hat mal angefangen, seitlich im Rudel hüpfende Grüppchen zu zeigen, jetzt sieht man so etwas oft. Außerdem würde ich immer noch – auch wenn das einem Balanceackt gleichkommt – zu differenzieren versuchen zwischen im weiteren Sinne authentischen und eher inszenierten, also vom Fernsehen mit filmischen und technischen Mitteln aufgeblasenen Emotionen.

  4. piero101 schrieb am 28. Februar 2007:

    Wenn der Fanblock gefilmt wird, werden die Fans immer zum Teil einer Maschinerie, die sie nicht steuern können. Ganz gleich, ob die Regie die Bilder künstlich aufzubauschen versucht oder nicht.
    Der Ton der Berichterstattung ist entscheidend.

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