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gclobes Im Fußballland Absurdistan

von Günter Clobes

Absurd ist – laut Duden – „widersinnig, dem gesunden Menschenverstand widersprechend, sinnwidrig, abwegig, sinnlos“. Der gemeine Fußballfan hat dafür in den letzten Tagen einige schöne Beispiele beobachten können.

Beginnen wir mit dem unvermeidlichen Uli Hoeneß und seiner Meinung über Mark van Bommels Check im Spiel gegen Hoffenheim. Den meint Hoeneß nicht nur mit längst tot geglaubten Scheinargumenten kleinreden zu müssen („Das ist eben Fußball – sonst müssen wir spielen wie im Mädchenpensionat“), nein, er dreht das ganze in der ihm eigenen Art von Konter gleich um und prangert den Gegner an. Er wirft den Hoffenheimern Isaac Vorsah „unsportliches Verhalten“ (will sagen: „Schwalbe“) und Sejad Salihovic Fouls vor, „die waren viel schlimmer als die von van Bommel“. Sehr abwegig, also – s.o. – absurd.

Das nächste Ding auf der nach oben offenen Skala von Absurditäten ereignete sich in Peking. Dort spielten Inter Mailand und Lazio Rom den – man glaubt es kaum – italienischen Supercup aus. Ist das dem gesunden Menschenverstand nicht widersprechend, wenn nicht sogar sinnlos, also auch absurd?

Die Krönung leistete sich aber der neue Fernsehstar am „Sky“ im Verbund mit dem DFB. Als hätten sie mitbekommen, dass die Nummer mit den neuen Anstoßzeiten nicht so ganz im Sinne der Erfinder des Fußballs (also der Amateure) ist, machen sie den unterklassigen Vereine ein ganz, ganz tolles Angebot. Sie dürfen in ihren Vereinsheimen die Sonntagsspiele zeigen! Und das alles für nur 49 Euro im Monat. Die klitzekleine Voraussetzung für dieses Angebot ist allerdings: „Die teilnehmenden Vereine führen zweimal im Jahr eine Briefwerbung mit einem Privatabo-Angebot an ihre Mitglieder durch” und sie stellen „die Mitgliedsadressen der Vereine an Sky für Mailings, unter Beachtung der Datenschutz-Richtlinien” bereit. Ist das nicht großzügig? Oder eher widersinnig – und damit zielich absurd.

Ja, das Leben im Fußballland Absurdistan ist sehr abwechslungsreich und lustig. Warten wir als Bewohner einfach mal ab. Das nächste bizarre Stück ist bestimmt schon längst in der Pipeline. Freuen wir uns drauf.

14 Kommentare

  1. Lena schrieb am 12. August 2009:

    Uli Hoeness ist Partei und nicht Experte, seine bekannten und teils doch auch gespielten Wahrnehmungsverzerrungen sollten Sie nicht mehr ueberraschen. Oder gar erregen. Klinsmann hat es doch so schoen gesagt, man muesse bei Hoeness sich immer fragen, warum er etwas so sagt. Wenn man sich denn damit auseinandersetzen will. Absurd nur, wenn man was anderes von Hoeness erwartet. Was bezweckt Hoeness also? Er will Bommel davor schuetzen, dass sich eigentlich wohlverdiente Image vom rotgefaerdeten Ruepel festsetzt und die Schiedsrichter in Zukunft im Zweifel gegen ihn entscheiden. Und wie macht er dass? DIE ANDEREN WAREN VIIIIEL SCHLIMMER. Muss ja nicht so gewesen sein, aber ist schon wirkungsvoll, denn Geschichte wird ja durch ihre Deutung gemacht.

    Fussballspiele in Asien sind (noch) ein echter Hit, insbesondere wenn es „wirklich“ um etwas geht. Supercup klingt hier nicht nach Aufwaermspiel als Saisonvorbereitung wie in Deutschland oder Italien, nein, hier klingt es nach Superhoehepunkt. Dementsprechend geschickt ist es, dieses Spiel mal nach Asien zu verlegen. Hier gibt es in JEDEM Einkaufszentrum mindestens drei Premier/League Vereinsshops. Neben ManU sind es Liverpool und Arsenal, gerne auch mal andere Vereine. Und kommen Sie mir nicht mit Imitaten oder aehnlichem, nichts ist hier peinlicher als mit einem gefaelschten T/Shirt aufzufallen. Man gilt sofort als arm. Hier traegt der Fan das aktuelle Trikot in echt. Das letztjaehrige hat er nach Hause aufs Land zur Familie seines Onkels verschenkt, dort traegt es jetzt der kleine Neffe und darf beim Dorfkick immer Anstoss machen.

    Und nun kommen halt die Italiener auf die Idee, kein Freundschaftsspiel gegen die Nationalmannschaften Asiens auszutragen, nein, die kommen mit einem echten Pokal. Tja, weniger absurd als es scheint. Halt ein Versuch „in den Markt“ zu kommen. Denn der waechst ((immer)noch).

    Und the sender formerly known as premiere wird im Moment doch auch zwangsbeatmet. Wenn die nicht bald richtig Abos zeichnen, kriegt die Liga anschliessend nur noch einen Bruchteil an Fernsehgeldern. So kann man schon auf die Idee kommen, den Vereinen im Gegensatz zu Kneipen und anderen Gastronomen ein guenstigeres (?) Angebot zu unterbreiten. Neben den knapp 600 Euros im Jahr fuer Fussball gucken im Vereinsheim (…) bezahlt man noch mit den Daten der eigenen Vereinsmitglieder. Man muss ja nur den Briefkasten etwas mehr ausmisten. Theoretisch. Praktisch wird tsfka/premiere den Verein als positiven Testimonial nutzen. Weil sonst sind die Adressen ja auch so zu kaufen.

    Dass sich der DFB dafuer hergibt, kann ich auch verstehen, es ist ja schliesslich im eigenen Interesse, dass der Vertragspartner, die Cash Cow, nicht abhanden kommt. Es ist doch auch so klar, dass das viele Fernsehgeld nicht von der Stuetze kommt sondern vom Fan kommen muss. Nicht absurd. Keinesfalls. Es ist eher ein klares Statement des DFB. Er ist der grossen oekonomischen Betriebe im Fussball. Und der Fan oder auch der spielende Amateur soll bezahlen. Sonst geht die Show halt nicht.

    Eigentlich erwarte ich schon, dass Sie nicht so peinlich einfache Erklaerungen als gemeinsamen Nenner fuer Ihr Potpurri an Einzelmeldungen akzeptieren, sondern die Dinge richtig beleuchten. Das naechste mal wenn Sie absurd schreiben wollen, ueberlegen Sie zwei Minuten laenger. Diesmal wars ein schlechter Beitrag von Ihnen.

  2. gclobes schrieb am 12. August 2009:

    @lena
    gut, kritik angekommen. schade, dass sie meinen beitrag für schlecht halten. nur – und das, um es wieder dahin zu kriegen, wo ich es hinhaben wollte: meine überlegungen (die länger gedauert haben als zwei minuten…ich bin schon älter) kommen aus der fanperspektive. von daher glaube ich, dass absurd noch ein sehr schwaches, wenn nicht sogar freundliches adjektiv ist für das, was wir so durchs fußball- und tvbusiness erleben. dass die motivation der protagonisten, die ich angeführt habe, alles andere als absurd ist, steht auf einem ganz anderen blatt.

  3. auchEinSchiri schrieb am 12. August 2009:

    Je mehr Einblickes ich inr die Arbeitsweise des DFBs bekomme, umso mehr zeigens sich die Parallelitäten zur CSU: an der Basis (Fans, Amateurfußballern) wird einfach vorbei regiert und entschieden.
    Wo das hinführt, ist ja bekannt 😉

    Hätte der DFB nur mal mehr Engagement bei der Vertragsverhandlung mit Adidas/Nike gezeigt. Sehr traurig das ganze…

  4. Ingrid schrieb am 12. August 2009:

    Ich finde den Beitrag von Globes gut, da die Dinge, ganz nüchtern betrachtet, wirklich absurd sind. Dass aber dahinter etwas Gezieltes steckt, ist natürlich auch klar. Aber es kommt sicher immer auch auf den Einzelnen an, für was er ist und was er liebt: ich bin für den Amateurfußball und wende mich eher vom „Großen Fußball“ ab, Lena hatte vor kurzem irgendwo geschrieben, dass sie nicht viel vom Amateurfußball kennt oder dieser nicht „ihr Ding“ ist (so in der Art).

  5. Florian schrieb am 12. August 2009:

    Also, Uli Hoeneß‘ Äußerungen finde ich nicht absurd – sondern witzig. Das ist doch das übliche Theater zwischen Vereinen, hat’s immer schon gegeben und zeigt im Ãœbrigen nur, wie ernst man beim FCB die Hoffenheimer Konkurrenz nimmt.
    Die Notiz zur Zwangsbeatmung von Sky finde ich dagegen sehr bemerkenswert – und tatsächlich, naja, nicht absurd, sondern zumindest fragwürdig.

  6. TheBigEasy schrieb am 12. August 2009:

    @Lena
    Nachdem ich zuletzt an anderer Stelle zwei Ihrer Kommentare kritisiert habe, ziehe ich dieses Mal den Hut, und das als Münchner. Chapeau!

  7. Oliver Fritsch schrieb am 13. August 2009:

    Aber das illustriert doch das Phänomen Hoeneß sehr gut: Er ist einer, der schimpft und zetert. Mit der dicksten Vereinsbrille. Das mag ja sympathisch sein. Nur sollte man ihn infolgedessen nur begrenzt ernst nehmen. Er ist einer der vielen Fußballcholeriker, die man von jedem Spielfeldrand kennt, fühlt sich aber mindestens so wichtig wie Angela Merkel. Und er wird von vielen auch so schwer gewogen, der GEZ-Hoeneß.

  8. Bluetschkopp schrieb am 14. August 2009:

    Zum italienischen Finale hatte ich nur gelesen, dass für 7.000 EUR Wein getrunken worden sei in Peking. Mein einziger Gedanke dazu war, dass der Wein dort aber recht teuer sein müsse. Nie wäre ich auf die Idee gekommen zu fragen warum das Spiel in Peking war. Da sieht man mal, wie schnell man sich an „Aburditäten“ gewöhnt.

  9. Nixwisser schrieb am 18. August 2009:

    Schön geschrieben, Lena und aus Deiner Sicht auch schlüssig. Weniger jedoch, wenn man die wirtschaftlichen Interessen der Protagonisten hintanstellt und mehr Interesse an Fußball an sich hat. Jaja, ich weiß, wenn kein Geld, dann kein Spitzenfußball und erst international Ogottogott uswusf. Na und? Dann eben nicht. Ich finde das Geldgejammere von Hoeneß unerträglich und die Entwicklung des Profifußballs ist gemau so asozial wie die Entwicklung der Gehälter von „Spitzenmanagern“. Gewiß, ich will auch guten Fußball sehen, aber nicht um jeden Preis, denn das wäre absurd.

  10. gclobes schrieb am 19. August 2009:

    neben den schon beschriebenen protagonisten buhlt ein weiterer um aufnahme ins fußballland absurdistan – wie als „zitat des tages“ gestern im „fiver“ zu lesen war: „Footballers‘ salaries are outside reality. It is necessary to introduce a salary cap. They are unacceptable, distant from the real economy in which we live in a difficult time like this. They are outside every parameter“ – media mogul, Milan owner and Italian prime minister Silvio Berlusconi calls for footballers to cut their cloth according to everyone else’s measure.

  11. Nixwisser schrieb am 19. August 2009:

    Prima Statement, leider wertlos ob des Absenders. Silvio ist doch der Bürgermeiseter von Absudristan

  12. Lena schrieb am 20. August 2009:

    @nixwisser: Ja. Waere eine schoene Welt, aber halt, es gibt sie doch noch. Zum Beispiel im Wasserball. Da kann man Spitzensport in Deutschland hautnah erleben. Nur da ist z.B. die Selbstausbeutung der Beteiligten fast absurd. Trainieren zweimal taeglich teilweise neben einem normalen Job oder Ausbildung und fahren im Kleinbus durch Deutschland. Zeit zum Wasserballfan werden, nixwisser.

    @Ingrid and Globes: Ich bin auch Fussballfan.

  13. Nixwisser schrieb am 20. August 2009:

    @Lena: Wo ist der Zusammenhang? Ich finde es gibt bedauernswerte Entwicklungen im Profifußball. Die erlaube ich mir zu kritisieren. Back to the roots, geht nicht, muß ja auch nicht. Aber der Profifußball muß sich nicht vollkommen von der gesellschaftlichen Realität, wie sie für 99 % der Bevölkerung gilt, auf eine schamlose Art abkoppeln. Es ist gut, sein Handlen zu reflektieren. Daran mangelt es. Und zwar den meisten Spielern wie den meisten anderen Beteiligten. Ich bin nicht bereit, diese Entwicklung weiter mitzugehen. Ich werde Sky nich abonnieren und auch keine horrenden Eintrittsgelder zahlen, geschweige denn mich zum Merch-Deppen machen. Natürlich bin ich nicht so konsequent, daß ich vollkommen auf den Konusm verzichten würde. Aber es gibt Grenzen. Einige sind bei mir jetzt erreicht.

  14. Lena schrieb am 21. August 2009:

    Zusammenhang: Spitzensport moeglich mit wenig Geld. Nur halt nicht (mehr) im Fussball.

    Eventuell so: Etablierung einer Europaliga, aehnlich der NBA, aus Deutschland mit drei Vereinen, kein Abstieg nur Verkauf und Umsiedlung. Das waere doch die ideale Spielwiese fuer die Oligodespoten oder gestuerzte Potentaten und fuer das dumme Geld aus Oelrabien.

    Und die restlichen Vereine machen wieder Sport und da die Vermarktungsmoeglichkeiten stark eingegrenzt sind, gibt es guten Sport mit wenig Brimborium. Gehaltsgrenzen, feste Vertraege mit kurzen Laufzeiten, sosachen mit dabei. Nachteil, jedes Jahr gehen die besten Spieler weg in die Europaliga, aber dafuer gibt es wieder junge neue die nachkommen. Also etwa wie die Studentenligen in USA.

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