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Wir sollten einen Zähler einrichten. Gestern hat Michael Kempter vor dem Landgericht Köln eine Einstweilige Verfügung gegen Manfred Amerell erwirkt, der am Tag zu vor eine Einstweilige Verfügung gegen Theo Zwanziger durchsetzen konnte. Amerell darf demnach keine privaten SMS oder E-Mails Kempters mehr veröffentlichen. Zudem ist ihm untersagt zu behaupten, der DFB habe Franz-Xaver Wack Einsicht in „ganze Akten“ gewährt. Erstritten hat diese Entscheidung der Medienanwalt Christian Schertz, der seinerseits vorgestern eine Niederlage vor Gericht einstecken musste.

Ein Verteidiger Zwanzigers in rechtlicher Hinsicht hat sich gestern in den Kommentaren zu Wort gemeldet. Bari$ sieht Zwanziger durch die Einstweilige Verfügung in seiner Meinungsfreiheit unzulässig eingeschränkt: „Er vergleicht gar nicht ‚die Beziehung zwischen Amerell und Kempter mit den Missbrauchsfällen anderenorts, etwa in der katholischen Kirche, in reformpädagogischen Internaten oder bei den Regensburger Domspatzen”, sondern die Zeit zwischen Auftreten und Aufdeckung dieser Geschichten, wobei er davon ausgeht, dass es sich beim Verhältnis Amerell/Kempter um sexuelle Belästigung handelt, was allerdings noch zu klären ist.“ Mehr dazu in Udo Vetters lawblog.

Ich finde, Zwanziger hat schon genau gewusst, wie sein Vergleich ankommt. Und er meint es auch so. Aus ihm spricht der eifernde Verfolger, der radikale Reinemacher. Ob das justiziabel ist, darüber kann man natürlich streiten. Zumal, vergleichen darf man doch immer, auch Äpfel mit Birnen. Die einen sind rund und die anderen nicht. Gemeint ist wohl gleichsetzen.

Einige passende zitierenswerte Sätze hab ich in Jens Jessens Leitartikel in der Zeit gefunden, der die Versuche nicht gelten lässt, Kritik an Guido Westerwelle als Homophobie abzutun. „Auch verwandte Fälle, die aus den Fußballvereinen bekannt geworden sind, sind nicht im Lichte einschlägiger Ressentiments diskutiert worden. Man hat im Gegenteil sofort die Verdrängung von Homosexualität, wenn nicht überhaupt den Machismo in der Welt des Sportes als Ursache beklagt.“ Und allgemein urteilend heißt es: „In jedem Fall ist nicht die sexuelle Orientierung, sondern sind das Altersgefälle, das Abhängigkeitsverhältnis als Voraussetzung des Missbrauchs erkannt worden. Das ist ein Sieg von Vernunft.“ Das sehe ich auch so, „den Medien“ wird gelegentlich Gegenteiliges vorgehalten.

Manfred Haupt, ein ehemaliger Zweitliga-Referee, hat sich in der Rhein-Zeitung rückblickend über das „Schiedsrichterunwesen“ geäußert. Man sei „in diesem DFB-System ein Empfänger von Botschaften und Befehlen“, man müsse „den Mund halten, Status erhalten, sich anbiedern, willfährig werden“.

In Baden-Württemberg geht die Sorge über intensivere (nicht über zunehmende) Gewalt im Amateurfußball um. Insbesondere „monoethnische Vereine“ offenbarten ein höheres Konfliktpotenzial, sagt der WFV-Justitiar Frank Thumm der Stuttgarter Zeitung.

8 Kommentare

  1. Laterne schrieb am 19. März 2010:

    Was für ein schöner Euphemismus, „monoethnische Vereine“. 🙂

    Ich denke mal, der ethnisch sicher sehr monotone Verein, der nur aus schwäbischen Fredis, Thorstens und Hansis besteht, den haben sie damit aber nicht gemeint.

  2. Bastian (Chemieblogger) schrieb am 20. März 2010:

    Ich denke mal, der ethnisch sicher sehr monotone Verein, der nur aus schwäbischen Fredis, Thorstens und Hansis besteht, den haben sie damit aber nicht gemeint.

    Eine ebenso pointierte wie tiefgründige Feststellung.

    Steigt man etwas durch den ganzen „Gewalt im Fußball“-Diskurs durch, sollte die (Fußball-Fan-)Gesellschaft alarmiert sein. Große Teile von Politik und Ordnungshütern wünschen sich englische Verhältnisse, und wenn wir nicht aufpassen, sind die schneller da, als uns lieb ist. Denn fernab des Fußball-Milieus scheint es ein großes Verständnis für diese Spielart des Populismus zu geben.

  3. Fan schrieb am 21. März 2010:

    Es ist beschämend für unseren Rechtsstaat und unser Rechtssystem, aber es ist die Wahrheit und eine Entwicklung, die seit Jahren absehbar ist: Eine Meinung kann sich öffentlich nur noch derjenige leisten, der genug Geld hat.

    Protesshansel Zwanziger und der mächtige DFB haben sich genau diesen Umstand nicht zum ersten Male zu Nutze gemacht. Ich erinnere an den Fall des Journalisten Weinreich. Schon dort ist die Strategie Zwanzigers (und des DFB) zu versuchen den Journalisten Weinreich finanziell durch juristische Mätzchen (Steitwerterhöhung beantragen und gleichzeitig gegen alles Rechtsmittel einlegen etc.) zu ruinieren und so zur Aufgabe zu zwingen voll und ganz aufgegangen.

    Einfach großartig, wenn der reiche DFB das Recht seines überaus dünnhäutigen und mimosenhaften Präsidenten auf Verbreitung halbintelligenter Vergleiche verteidigen kann.
    Was nützt dies dem normalen Bürger, Blogger oder Journalisten? Diese werden im Zweifelsfall auch weiterhin mit der juristischen Keule mundtot gemacht, denn wer kann es sich schon längerfristig leisten, ständig Rechtsanwälte zu beschäftigen, die frivole Abmahnungen und Verfügungen abwehren?

    Man muss es so deutlich schreiben, aber im Deutschland von heute gilt ein neuer Artikel 3 Grundgesetz (Zumwinkelsche und DFBsche Verfassung): Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Je mächtiger und reicher desto gleicher.

  4. Oliver Fritsch schrieb am 21. März 2010:

    Der Kölner Express meldet: Amerell will Zwanziger verklagen

    http://www.express.de/sport/fussball/amerell-verklagt-den-dfb-boss/-/3186/1221368/-/index.html

  5. sportinsider schrieb am 25. März 2010:

    Da sage noch einer Bayern ist nicht großzügig.

    http://www.spox.com/de/sport/fussball/bundesliga/1003/News/fc-bayern-verzeiht-michael-kempters-anti-fc-bayern-muenchen-mail-uli-hoeness-manfred-amerell.html

  6. Amateurschiri schrieb am 26. März 2010:

    Ich weiß gar nicht, was Kempter will: Entweder (wenn man ihm glaubt) er hält Amerell seinen Popo oder sonstwas hin oder (wenn man Amerell glaubt) er belügt die Öffentlichkeit nach Strich und Faden um seine Schirikarriere zu befeuern.

  7. nocheinjurist schrieb am 28. März 2010:

    mit monoethnischer verein ist der DFB gemeint, denke ich. Dort ist jemand verbalgewalttätig. Allerdings hätte ich ihm diese Meinungsäußerung nicht untersagt – llerdings aus Prinzip, nicht, weil ich sie richtig finde.

  8. eroll elektronik sigara forum schrieb am 6. Juni 2016:

    eroll elektronik sigara forum

    Gerichtsstand: Kempter punktet gegen Amerell, der gegen Zwanziger gepunktet hat | Blog für den kritischen Fußballfreund

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