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Man hört ja immer mal wieder davon, dass das Internet die Journalismus-Branche vollkommen umkrempeln wird – und so ganz allmählich bekommt man auch einen Eindruck davon. Der Sportjournalismus leistet dazu möglicherweise keinen ganz kleinen Beitrag, wie die neuesten Partnerverträge von YouTube mit NBA und NHL zeigen. Der Wandel findet aber auch im kleinen statt – liest man zum Beispiel Raphael Honigsteins wöchentlichen SportBlog bei GuardianUnlimited, spart man die Lektüre von gefühlten 3 Kilo deutsch bedrucktem Zeitungspapier (das man freilich dank indirekter-freistoss.de auch schon lange nicht mehr in die Hand genommen hat).

In Honigsteins letzter Spieltagszusammenfassung lesen wir neben der Haupterzählung, dass Jürgen Klopp nach dem fulminanten Rückrundenstart der Mainzer „Bravehearts“ als ernsthafter Kandidat für das Trainerhochamt bei Bayern München gehandelt wird, auch diesen bravourösen Absatz über die Ereignisse der Schalker Nachspielzeit:

Schalke’s Brazilian playmaker Lincoln was so frustrated after his side’s unexpected 0-1 home defeat to Bayer Leverkusen that he cowardly picked on Bayer’s Bernd Schneider (at 1:30), the one player on the pitch smaller than him. As far as handbags go, Lincoln’s effort was as ugly, unwanted and potentially as costly as the £23,000 monster Louis Vuitton is trying to flog this season.

Auffällig an dieser Beschreibung erscheint das Handtaschen-Wortspiel: das Verb to handbag, in etwa zu übersetzen mit „jemanden grob/rücksichtslos angehen“, wird wirkungsvoll mit dem extrateuren Highlight der aktuellen Louis Vuitton-Kollektion gekoppelt (welches Modell Herr Honigstein da im Auge hat, war allerdings auch nach einer präziseren Online-Recherche nicht zu ermitteln). Nun ist die Handtasche nicht unbedingt das üblichste Utensil in Fußballerkreisen und man könnte schon auf den Gedanken kommen, dass sich gerade hinter dieser Anspielung noch etwas mehr verbirgt, als nur die praktische Wortgleichheit. Die weitere Textauslegung findet noch mehr Hinweise auf ein „unmännliches“ Verhalten des brasilianischen Schalkers – der feige Angriff( cowardly picked) auf einen schwächeren Gegner (the one player on the pitch smaller than him) taugt auch nicht zur Mehrung des Ruhms im Männersport Fußball.

So einfach also? Lincoln im Zickenkrieg mit Bernd Schneider? Bewaffnet mit einem David Beckham zur Ehre gereichenden Ledertäschchen?

Ganz so einfach ist es nicht. (Obwohl die kolportierte Adresse Schneiders an seinen Gegenüber – „Und Du willst Brasilianer sein?“ – ziemlich gut dazu passen würde.)

Denn auf den zweiten Blick steckt hinter dem Tuwort to handbag noch viel mehr, als nur der tätliche Angriff auf einen x-beliebigen Gegner. Hier hilft nun ein Ausflug in die Wortgeschichte, denn der Begriff geht zwar tatsächlich auf eine Urheberin zurück, aber auf was für eine! Ursprünglich bezeichnet handbagging die rhetorische Gnadenlosigkeit Margaret Thatchers, mit der sie vornehmlich im Parlament schwache Widersacher niederzuknüppeln pflegte – rein verbal, versteht sich. Ein Blick in das altehrwürdige Oxford English Dictionary kann dies ausgezeichnet dokumentieren.

Also handelte es sich doch eher um eine besondere Form der „politischen Kommunikation“ zwischen Lincoln und Schneider, zurecht sanktioniert durch den Spielleiter – denn das reine handbagging im Thatcher-Stil bleibt nun mal ein Sprachspiel.

Von einem weiteren close reading sehen wir an dieser Stelle einmal ab – schließlich kümmern sich auch viele der zahlreichen Kommentare zum Blogeintrag um das wesentliche: ob Jürgen Klopp bei einem Wechsel nach München nicht mit Haut und Haaren von Oliver Kahn aufgefressen würde.

2 Kommentare

  1. Ylem schrieb am 15. März 2007:

    Möglicherweise aber spielte Raph. Honigstein nicht auf die Thatchervariante an (man munkelte, sie hätte in ihrer Handtasche einen Ziegelstein; daher besser nicht provozieren), sondern auf

    „handbags at dawn“ (Handtaschen bei Morgengrauen) – anzuwenden bei Zickenstreit bzw. bei Geplänkel zwischen zwei angeblich erwachsene Männer. Die Wahl der Waffen beim anstehenden Duell.

    Möglicherweise.

    beste Grüße
    Ylem

  2. Sabrina schrieb am 22. Juli 2010:

    ja das ist auch ein gratis chat einfach einloggen mit Nickname bin sehr oft dort und shoppen kann man dort auch unter http://www.fuubo.com

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