Zwickende zweite Anzüge
von Oliver FritschDen Ärger über die Pfiffe der deutschen Fans in Duisburg nach dem Spiel gegen Dänemark seitens der ZDF-Reporter und auch Jürgen Klopp teile ich nicht. Die Leute haben Geld bezahlt und wollen, was in Duisburg nur alle Jahrzehnte vorkommt, die deutsche Nationalmannschaft sehen – und nicht den Ersatz des Ersatzes. Gegen eine punktuelle Änderung des Teams hätte sicher niemand etwas einzuwenden gehabt. Aber alle Stammspieler heimzuschicken … Der Unmut der Fans richtet sich ja weniger gegen die Spieler (die Pfiffe natürlich nicht verdient haben, Kloppo, es aber auch aushalten können sollten), sondern gegen den Trainer sowie die Verantwortlichen des DFB, die nicht zufällig die Zuschauer mit Ticketoptionen, Schals und Mützen kompensierten. Und noch ein Punkt: So jung an Jahren, wie es heißt, war die Mannschaft gestern nicht: Robert Enke, Manuel Friedrich, Alexander Madlung, Simon Rolfes sind 24 und älter. Und ob den Spielern mit ihrem Einsatz ein Gefallen getan worden ist? Außer Enke kann sich nur Joker Patrick Helmes als Punktsieger fühlen, doch wer sonst hat einen anderen als blassen Eindruck hinterlassen?
Das Gegentor
Der Höhepunkt des Spiels
Ein Fest ist das Match erwartungsgemäß für alle Liebhaber und Produzenten von Fußballstanzen: fast keine Schlagzeile ohne den „Debütantenball“, auch wenn keiner tanzt; vom „zweiten (wahlweise auch dritten) Anzug“ ist die Rede, der natürlich „zwickt“; bestimmt wird auch noch jemand ein „Muster ohne Wert“ erkennen.
meyerman schrieb am 29. März 2007:
Hier stellt sich grundsätzlich die Sinnfrage bei diesem Spiel. Zwar sind Testspiele nicht mehr ganz so unbeliebt, wie noch vor ein paar Jahren, aber zu den beliebtesten sonstigen Aktivitäten von Fußballern gehören sie sicher nicht. Insofern kann ich grade die WM-Spieler verstehen, wenn sie um jeden Tag Pause froh sind. Joachim Löw hat aus diesem Dilemma noch das beste gemacht, indem der er mal ein paar Alternativen getestet hat. Wie aufschlussreich das Spiel war, muss er selber wissen, aber das Team ist eben nicht nur zur Belustigung der Öffentlichkeit da.
Wir sollten froh sein, dass die Nationalmannschaft noch nicht zum Werbezirkus verkommen ist, wie in Brasilien und der Trainer noch das Recht die aufzustellen (oder nicht aufzustellen), die er möchte. Sonst kann man die Aufstellung demnächst auch per Abstimmung in der Bild-Zeitung lösen.
mikejaeger schrieb am 29. März 2007:
So modernisiert der deutsche Nationalmannschftsfussball, so rückständig und ohne Begriff davon die Berichterstattung in ARD und besonders im ZDF darüber.
Warum Bela Rethy, sich ständig wiederholend, ohne Not und in vorauseilendem Gehorsam die „junge Truppe“ gegen enttäuschte Zuschauer in Schutz nimmt, die ein grottenschlechtes Spiel einer zusammengewürfelten Mannschaft sehen, weiß er wohl selber nicht.
Eine kritische Bemerkung über das Abwehrverhalten von Madlung beim Gegentor, oder den Ballverlust kurz davor kommt ihm auch nicht über die Lippen.
Niemand mach dem Bundestrainer das Recht streitig, aufzustellen wen er will. Aber die Frage nach den Erkenntnissen aus diesem Spiel konnte (oder wollte)gestern nicht einmal Jogi Löw beantworten.
Für mich fallen diese eindeutig aus:
1. Bitte nicht mehr wie – na Sagen wir mal – 3 Umstellungen pro Spiel.
2. Und bitte Enke + Helmes in Zukunft weiter einladen.
steve.n schrieb am 29. März 2007:
Nicht d´accord. Es hat nunmal die Mannschaft gespielt die gespielt hat! Pfiffe können nur als Kritik eines vom Sommermärchen verwöhnten Event-Fußballpublikums verstanden werden und müssen den nun mal ins kalte Wasser geworfenen Spielern wie Hohn vorkommen. Man pfeift seine Spieler (bei vorzeigbarer Einstellung) einfach nicht aus, Punkt. (mehr „britische“ Loyalität bitte!) Dass die Zuschauer durchaus ein anderes Team erwarten durften ist richtig, dann sollen sie halt gezielt dies kritisieren. Hätte die Mannschaft gegen DK gestern gewonnen, hätten die Ränge aber dennoch mit ihren Promo-Schals wie wild gewedelt und Black&White geträllert. Die Pfiffe kann die Mannschaft also nur auf sich beziehen, was unter aller Sau ist.
Ylem schrieb am 29. März 2007:
Die Argumentation kann ich nicht folgen – liegt vielleicht am vorletzten Königs Pils -mir ist recht schummerig.
Wozu sind denn Freundschaftsspiele da? Und ich meine gehört zu haben, daß der Einsatz diverser Nachwuchskräfte bereits mehrere Wochen vor dem Spiel angekündigt wurde.
Mir allerdings einigermaßen egal, denn meine (Rep. Ireland) haben die Slowakei mit 1:0 vom Platz gefegt.
Christof schrieb am 30. März 2007:
Das arme Duisburger Publikum!!! Bekommt es also nur alle Jahrzehnte ein Länderspiel zu sehen und muss ansonsten in die in nächster Umgebung liegenden Dortmund, Düsseldorf, Köln oder gar Mönchengladbach ausweichen. Tatsächlich mangelt es in dieser Region nicht an Länderspielen mit deutscher Beteiligung.
Vielmehr deutet diese Diskussion daraufhin, dass es hinsichtlich der Spielweise der Nationalmannschaft momentan wenig kritikwürdiges zu berichten gibt. Dieser Mangel muss folglich an anderer Stelle ausgeglichen werden. Aber ist es wirklich notwendig, Ballack und co. nach ihrem tollen Erfolg in Prag, drei Tage später im unwichtigen Test gegen Dänemark spielen zu lassen. Die erste Elf befindet sich erwiesenermaßen in sehr guter Form und hatte diesen Test somit sicherlich nicht nötig (anders als die Dänen). Als Alternative blieben: 1. Spiel ausfallen lassen oder 2. den Perspektivkader spielen lassen, in dem dann einige interessante Spieler (Trochowski, Castro, Helmes, Kießling, Rolfes, Hilbert…)zum Einsatz kommen. Das Spiel war dann leider langweilig. Naja: Ausnahmsweise mal….