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Was einige Zeitungen, Radiostationen und Fernsehsender heute meinen, uns wissen lassen zu müssen: dass die Frauen-WM kein „Sommermärchen 2“ werde. Als würde irgendjemand 2011 mit Fan-Meilen, Public Viewing und Autokorsos rechnen. Für wie doof halten die uns? Überhaupt sind die – beliebten – Vergleiche mit dem Männerfußball unsinnig. So claudiarothmäßig: Es wird Zeit, dass die Fußballerinnen, die ja jetzt zum zweiten Mal Weltmeister geworden sind (und eben nicht im Halbfinale ausgeschieden), die gleiche Anerkennung erfahren wie ihre männlichen Pendants. Am besten hält man dann noch die Gehälter gegeneinander. Doch man kann ja nicht Zehntausende ins Stadion zwingen, wenn der 1. FFC Frankfurt gegen Turbine Potsdam spielt – und auch nicht Millionen vor den Fernseher. An dem Maßstab Männerfußball kann der Frauenfußball nur scheitern. Angebrachter ist es, ihn mit anderen weiblichem Sport in Relation zu setzen, mit Frauenfußball in anderen Ländern oder, sagen wir, mit dem aufstrebenden Handball. Der es ja geschafft hat, im Februar rund 30.000 Menschen auf den Kölner Rathausplatz zu ziehen und singen und tanzen zu lassen. Und der tolle Empfang der Fußballweltmeisterinnen vor einem Monat am Frankfurter Römer ist doch schon mal ein gutes Indiz dafür, dass dieser Sport inzwischen populär ist.

Katrin Weber-Klüver schildert in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung den einmaligen Identifikations- und Konversationswert des Männerfußballs; mit ihrer soziologischen Expertise trifft sie den Nagel auf den Kopf: „Dass Millionen Menschen jede Woche zusehen, wie Männer kicken, hängt nicht so sehr davon ab, ob sie dabei guten Sport geboten bekommen. Männerfußball steht immer auch für etwas anderes. Er ist eine riesiger Freiraum für Identifikationen, Projektionen, Mythen. Und für kollektive Leidenschaft. Bayern-Fans sind nie allein. Sie werden auf der ganzen Welt als Bayern-Fans erkannt und erkennen sich gegenseitig. Sie haben eine gemeinsame Tradition und gemeinsame Erinnerungen. In überschaubarem Rahmen hat vermutlich sogar der VfL Wolfsburg eine Community. Was aber sollte das massentauglich vereinnahmende Moment des 1. FFC Frankfurt oder der Frauenabteilung von Wattenscheid 09 sein? Nun hat, wer in diesen Monaten beispielsweise Fan von Carl Zeiss Jena ist, auch kaum Spaß am Geschehen auf dem Platz. Doch darum allein geht es eben nicht. Wer Fan von Jena ist, gehört zu etwas, das mehr ist als elf Männer, die kicken. Ohne diese elf Männer funktioniert es gleichwohl nicht, denn sie kämpfen stellvertretend für die, die ihnen zuschauen. Frauen, die Fußball spielen, tun das ohne diesen Mehrwert, sie betreiben einfach Sport. Das schauen sich viele zwischendurch gerne mal an. Einen Fan-Klub gründen nur Verwandte und Nachbarn. Als zuverlässiger Katalysator in der großen Maschine der Gefühlsaufwallungen und der Gruppenbildung funktioniert allein der Männerfußball. Nur momentweise können andere Sportarten oder darf das andere Geschlecht diese Aufgabe übernehmen. (…) Einzig der Männerfußball kann es sich leisten, phasenweise richtig schlecht und eigentlich eine Zumutung zu sein, ohne seinen Status zu riskieren.“

3 Kommentare

  1. M.Wiemer schrieb am 31. Oktober 2007:

    Ja Männerfußball kann nicht der Maßstab für den Männerfußball sein. Schon die Männersportarten Eishockey, Handball und Basketball haben einen schweren Stand im Kampf um die TV Anteile und Berichterstattung in den Printmedien und der Akquise von Sponsoren.
    Wie sieht denn beispielsweise die Berichterstattung über den alltäglichen Liga-Frauenfußball im Fußballfachmagazin kicker aus ?
    In der aktuellen Ausgabe vom 29. Oktober findet sich auf Seite 69 im Ergebnisteil kurz die Tabelle der 2. Frauen-BL Nord und der 2. Frauen-BL Süd und die Spielergebnisse. Das wars dann auch schon zu beiden Ligen. Eine Seite weiter auf Seite 69 wird wesentlich ausführlicher über die Oberliga Baden-Württemberg (die 4. höchste Männerspielklasse) mit Aufstellung, Torfolge, Zuschauerzahl, Tabelle, Spieltagsansetzung am 3. November und einem Kurzbericht der Partie Bahlinger SC gegen SC Freiburg II berichtet.
    Wann wird die Sportschau interessante längere Berichte vom Frauenfußball bringen ?
    Solange über Frauenfußball nur wie über eine Randsportart berichtet wird haben die Frauen es sehr schwer.

  2. M.Wiemer schrieb am 31. Oktober 2007:

    Entschuldigung, da hat sich bei mir der Flüchtigkeisteufel eingeschlichen.

    Der erste Satz muß so lauten: Ja Männerfußball kann nicht der Maßstab für Frauenfußball sein.

  3. jesper schrieb am 10. November 2007:

    lieber m. wiemer,

    dass über frauenfußball wie über eine randsportart berichtet wird, liegt daran, dass frauenfußball eine randsportart ist.
    als solche sollten die medien es auch behandeln. wenn man die zahlen der aktiven fußballerinnen landes- und weltweit anschaut, wenn man sich dazu den grad der professionalisierung anschaut, dann ist frauenfußball so weit hinten, also so sehr ein entwicklungssport, dass bereits erstaunlich viel berichtet wird (kürzlich zur besten zeit im zdf von einem unwichtigen em-quali-spiel. im grunde ein witz).

    eine anmerkung noch zu der berichterstattung: ich kenne keine sportart, die so sakrosankt ist wie frauenfußball. bloß nichts negatives schreiben, bloß nichts böses schreiben – wenn es um frauenfußball geht, hat die deutsche presse den jahresvorrat kreide eines gymnasiums gefressen. und, noch wichtiger: nicht einmal humor wagen die, die über frauenfußball schreiben. stattdessen schreiben sie in einer eigenartigen mischung aus bewunderung (als wären sie staunende familienangehörige) oder angenommener ehrfurcht (als benähmen sie sich jetzt mal besonders gut und gäben sich mühe, dass wirklich alles schön ist (wie beim ersten besuch bei der schwiegermutter)). dadurch wird die gesamte berichterstattung über frauenfußball blutarm, mutlos und in der folge natürlich arg langweilig. vielleicht liegt es daran, dass die guten schreiberinnen und schreiber lieber nicht über randsportarten berichten. oder nicht über diese.

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