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Aus dem Volkspark „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“, schallte es gestern durchs Hamburger Stadion. Wie immer nach HSV-Siegen war die Laune bestens, obwohl der 3:1-Sieg gegen Köln einer allenfalls durchschnittlichen Leistung entsprang. Die erste Halbzeit war sogar bemerkenswert schwach und tempoarm, das Führungstor Paolo Guerreros fiel nicht durch einen Spielzug oder nach einem Eckball, sondern wegen eines Ballverlusts des Kölner Innenverteidigers Pedro Geromel. Es war fast die einzige Offensivaktion der Hamburger. Erst nach dem Seitenwechsel zogen sie an und erspielten sich einige Chancen. Guerreros folgerichtiges 2:0 hätte Schiedsrichter Felix Brych aber nicht anerkennen dürfen, weil Zé Roberto im Abseits stand (so wie manch anderer Schiedsrichter vor dem ersten Tor Foul gepfiffen hätte).

Wo die Probleme der Mannschaft liegen, zeigte sich besonders nach dem Gegentor durch Adil Chihi: Die bis dahin harmlosen Kölner kamen plötzlich zu Chancen und Schüssen, der HSV verlor die Kontrolle. Das konnte man beim HSV oft beobachten, zuletzt eine Woche zuvor in Wolfsburg. Die Nerven haben dem Team bereits im vorigen Jahr einen Streich gespielt, als es ausgerechnet gegen den Rivalen Werder Bremen in beiden Pokalwettbewerben ausschied. Und ihr auch in der Bundesliga die Puste ausging.

Die lange gute Hamburger Stimmung der Vorsaison hatte sich als Scheinidylle entlarvt. Trainer Martin Jol, lange hochangesehen, verließ nach dem Ende überraschend und überraschend rasch den Verein – und musste sich einige Frotzeleien seiner Spieler nachrufen lassen. Der bei den Fans sehr beliebte Sportchef Dietmar Beiersdorfer bat mehr oder weniger um seine Entlassung, als er sich öffentlich beim Aufsichtsrat über Vorstand Bernd Hoffmann und dessen Art, anderen Befugnisse zu beschneiden, beschwerte. Machtmensch Hoffmann gewann diesen Kampf, steht seitdem jedoch ohne Sportchef da. Er dürfte derzeit besonders über die Tabellenführung durchatmen, sonst würde er unter noch verschärfterer Beobachtung stehen.

Der neue Trainer Bruno Labbadia hat nach dem Sieg gegen Köln erklärt, dass ihm die Tabellenführung nichts bedeute. Das ist einerseits branchenüblich. Andererseits war er im Vorjahr auch mit Leverkusen in der Hinrunde erfolgreich – und stürzte auf Rang 9. Bevor er mit wenig schmeichelhaften Worten verabschiedet wurde. Labbadia muss erst noch beweisen, dass er mit einer Bundesligamannschaft kontinuierlich Erfolg haben kann.

Doch trotz diesen skeptischen Vorzeichen hat der HSV in den ersten vier Ligaspielen, darunter die mitreißenden Siege gegen Dortmund und in Wolfsburg, den Grundstein zu einer guten Saison gelegt, zudem hat er sich in der Europa League für die Gruppenphase qualifiziert. Diese Entwicklung war nach dem Fast-Aus im Pokal in Düsseldorf und einem mickrigen 1:1 in Freiburg Anfang August nicht zu erwarten gewesen. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis Mannschaft, Vorstand und Trainer wieder mit dem noch immer ungestillten Titelhunger der Hamburger konfrontiert wird. Große Hoffnung setzen sie dabei auf einen 35-jährigen Zugang: Zé Roberto. Der spielstarke Brasilianer war es, der sowohl gegen Wolfsburg als auch gegen Köln nach Gegentoren die Initiative ergriff. Zé Roberto hat den meisten seiner talentierten Mannschaftskollegen ein paar Kleinigkeit voraus: vier Meisterschaften und vier Pokalsiege mit den Bayern.

8 Kommentare

  1. Latze schrieb am 31. August 2009:

    Er schießt zwar manchmal scharf, aber trotzdem heißt der Kölner Torschütze Chihi! 😉

  2. Oliver Fritsch schrieb am 31. August 2009:

    Sehr köstlicher Hinweis, Latze. Vielen Dank, ich habs korrigiert.

    Kann jemand Chihis Torjubel deuten?

  3. mars (spielbeobachter) schrieb am 31. August 2009:

    Chihis Torjubel: Schlichter Dank gen Mekka? (jedenfalls von dem beurteilt, was ich im Fernsehen sah).

    Und nicht nur manch anderer Schiedsrichter hätte beim 1:0 auf Foul entschieden, der HSVer Janßen auch, wie er auf Nachfrage in der Halbzeitpause zugab.

    (Und ja, ich rege mich nur deswegen so über die völlig indiskutable Schiedsrichterleistung auf, um nicht an die miese Leistung des FCs denken zu müssen)

  4. Mark vom Hamburger Sommer schrieb am 2. September 2009:

    Es wird eine mega-spannende Saison. Erst war ich sehr skeptisch wegen Labbadia. Aber jetzt? Fantastisch.

  5. alfons berg schrieb am 3. September 2009:

    @Mark vom HSV-Sommer: Fantastisch? Pauli-Fan?

    nachdem bruno den machtkampf in leverkusen gegen die spieler (ausführendes organ: reschke) verloren hat, müsste hoffmann doch klar sein, dass er bruno ordentlich rückendeckung wird geben müssen. ein frühzeitiger abgang des trainers oder eine erfolglose (rück)runde könnten ihn arg unter druck setzen…

    … doch wenn nun mister spielerberater ins management aufsteigt und bruno weiterhin mit harter hand und rhetorik höchstleistungen der spieler einfordert, dann blicke ich schon voller spannung auf den ersten disput zwischen bruno und piotr… denn die konstellation wäre noch explosiver als die auseinandersetzung bruno vs reschke, weil für alle drei beteiligten sehr viel (die existenz im geschäft!?) auf dem spiel steht.

    erwartungen für die saison: mega-spannend
    entertainmentfaktor für aussenstehende: fantastisch

  6. Schalke amch die Schlagzeilen schrieb am 6. September 2009:

    Was mir als Schalker Sorgen macht: Der HSV scheint drauf und dran Schalke als zweitwichtigsten Verein des Landes abzulösen bei den Journalisten. Interessiert es die Fußballfreunde in Deutscland wirklich mehr was in Hamburg schief läuft als was in Schalke schief läuft?

  7. Holz schrieb am 6. September 2009:

    mehr nicht, es macht uns glücklich sowohl vom hamburger unglück als auch dem von schalke zu hören 🙂

  8. Ingrid schrieb am 24. September 2009:

    Und schon wieder sind die Hamburger gescheitert. War das gestern ein spannends Pokalspiel und tolle Stimmung. Na ja, war ja an der Bremer Brücke, da konnte für die ja auch nichts Gutes dabei rauskommen 🙂

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